Gerald Gollenz: Exklusiv wohnen in der Steiermark

Gerald Gollenz, Obmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder an der Wirtschaftskammer, berichtet über den Luxuswohnsektor.

 

 

Wie viele Luxusimmobilien sind derzeit auf dem Markt und wer sind die Käufer?
Gollenz: Es gab zuletzt einige Projekte, die großteils schon verkauft sind, neue sind in Vorbereitung. Solche Immobilien kommen oft gar nicht auf den Markt und werden eher „unter der Hand verkauft“. Das sind oft Wohnungen in kleineren Wohneinheiten in Ballungsgebieten, die von Menschen gekauft werden, die nicht unbedingt ein Haus wollen, aber das Geld für eine 150-Quadratmeter-Wohnung für 1,5 Millionen Euro haben. Oft sind es auch Personen, die auswärts gelebt und gearbeitet haben und nach Graz zurückkommen wollen. 

Das sind Beträge, die man sich in einem Erwerbsleben nie leisten kann.
Das Klientel ist überschaubar, keine Frage, das geht sich nur mit einem Job aus, in dem man sehr gut verdient oder mit einem Erbe im Hintergrund. 

Ab wann ist eine Immobilie überhaupt Luxus und was ist es für Sie?
Das ist einmal die Lage und die Art der Wohnung – ist es ein Penthouse, eine Gartenwohnung mit Pool? Ein Faktor sind die Quadratmeterpreise, die über 10.000 Euro liegen. Luxus wird auch definiert über eine außergewöhnliche Planung und die technischen Spielarten sowie die verwendeten Materialien, die im Inneren abgebildet sind. Für mich ist Luxus, auf dem Land leben zu können, mit einer gewissen Nähe zu guten Lokalen, dem Golfplatz, Skigebieten. Mein Haus habe ich vor 22 Jahren gebaut, mit Pool, das war damals Luxus. Noch heute genieße ich es, abends heimzukommen und privat schwimmen zu können. Das Haus ist groß, das kann für zwei Personen mitunter auch zur Belastung werden.  

Gibt es so etwas wie Modeerscheinungen im hochpreisigen Segment?
Da ändert sich nicht so viel: Das Grundstück muss passen, die Planung, die Ausstattung, Luxus sieht jeder anders. Vor allem definieren es die Käufer und nicht der Bauträger. 

Luxus und eine nachhaltige Bauweise: Passt das überhaupt zusammen?
Das schließt einander nicht aus, im Gegenteil! Nachhaltigkeit ist heute Voraussetzung, um überhaupt bauen zu können. Gerade beim Thema Beheizung, Energiebedarf gibt es intelligente Hightech-Lösungen, die gerade im Luxusbereich Einsatz finden. 

Mancherorts wird eine Immobilie rein deshalb zum Luxus, weil dort die Bodenpreise gestiegen sind.
Das stimmt. Früher wollten alle in Geidorf oder St. Leonhard wohnen, die Preise stiegen dementsprechend. Heute stellen sich Menschen vielmehr die Frage, wie die Umgebung erschlossen ist: Wo sind Einkaufsmöglichkeiten gegeben, wo ist die nächste Schule, wie weit habe ich es zum Arbeitsplatz, zur Autobahn? Klar: Wenn ich es mir leisten kann, wähle ich eine begehrtere Lage, das ist auch für den Weiterverkauf wesentlich, weil die Immobilie kaum an Wert verliert.  

Was wären in puncto Lage hier Ihre Tipps in Graz?
Das ist schwierig zu sagen und ergibt sich eher aus der Nachfrage. In den begehrten Lagen in der Grazer Innenstadt gibt es kaum Angebote, Nachfrage wäre vorhanden. St. Peter, Andritz und zuletzt Eggenberg können als die neuen „guten Lagen“ bezeichnet werden. Allerdings zogen mit der Pandemie einige Menschen weg aus Graz. Wir Entwickler beobachten hier den Markt genau. Der Neubaubericht der Wirtschaftskammer zeigt, dass die Bezirkshauptstädte und die nähere Umgebung von Graz aktuell stärker nachgefragt werden. 

Kann man in Graz von einer Stadtflucht reden?
Wohnen auf dem Land ist günstiger, keine Frage, doch die Nachfrage nach Wohnraum in Graz ist ungebrochen, da wird sich nicht viel ändern. 

Glauben Sie, kann man des Luxus‘ auch überdrüssig werden?
Wenn ich Luxus gewöhnt bin und ihn mir leisten kann, eher nicht. Vielleicht verkleinert man sich von einer 200-Quadratmeter-Villa in eine Wohnung in guter Lage. 

Bilder von Michael Pontasch-Hörzer, Philip Liparski
Beitrag veröffentlicht am 09.03.2023