Initiativen gegen die Einsamkeit | Christopher Drexler, ÖVP

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Herr Landeshauptmann, vie­l­­en Dank, dass Sie sich Abenteuer Alter stellen! Die Generation 60 plus macht mehr als ein Drittel der Wähler aus. Können Sie uns sagen, warum sie bei der Landtagswahl Ihre Partei wählen sollen?

Christopher Drexler: Auch mich freut diese Gelegenheit außerordentlich. Ich möchte damit beginnen, dass ich für den steirischen Weg der Zusammenarbeit stehe. Diese steirische Kultur des Miteinanders ist, so glaube ich, etwas sehr Wichtiges, das Verlässlichkeit und Stabilität in dieses Land bringt. Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Herausforderungen gehabt und ich denke, es werden in Zukunft noch weitere auf uns zukommen.

Ein Blick auf die Landesverwaltung zeigt, dass es eigene Einrichtungen und Amtsstellen für Kinder, Jugendliche, Frauen und auch Flüchtlinge gibt. Jetzt sind die Senioren eine so große Gruppe: Warum gibt es da nicht so eine Einrichtung für diese Generation?

Drexler: Es gibt glücklicherweise den Seniorenbeirat und es gibt natürlich in der Fachabteilung Gesellschaft auch die Verantwortung für die ältere Generation. Ich glaube aber, man sollte die ältere Generation in unserem Land gar nicht „einkasteln“, sondern es ist wichtig, dass wir respektvollen und wertschätzenden Umgang mit dieser Gruppe auf allen Ebenen haben.

Sie haben den Seniorenbeirat angesprochen, der setzt sich aus den Seniorenverbänden zusammen, die sicher eine gute Arbeit leisten. Aber ist das ein lautstarkes, wirkungsvolles Sprachrohr für diese Generation?

Drexler: Ich vernehme schon immer wieder ihre Standpunkte und Interessen. Ich denke da an das Thema, dass wir die Möglichkeit aufrechterhalten müssen, dass Antragstellungen im Land auch in analoger Form, also in einem Papier oder einem Antragsformular möglich sind, weil immer wieder gesagt wird, dass nicht alle in der digitalen Welt angekommen sind. Ich verbürge mich dafür, dass man auch in Zukunft Anträge beim Land Steiermark analog stellen kann.

Verzeihen Sie, Herr Landeshauptmann, aber beim neuen Heizkostenzuschuss des Landes ist das eben nicht möglich …

Drexler: Das muss repariert werden!

Auch bei Ihnen wollen wir hinterfragen, wie weit Ihnen die Lebenswelt der Senioren vertraut ist. In der Seniorenstudie von Abenteuer Alter haben viele Ältere erklärt, sie hätten zwei ganz große Sorgen, nämlich die Altersarmut und die Vereinsamung. Welche von den beiden ist die größere Sorge, was meinen Sie?

Drexler: Obwohl viele Menschen wirklich begründet materielle Sorgen haben, ist, glaube ich, das dringendere und drängendere Problem die drohende Einsamkeit und die mangelnde Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wir müssen ganz viele Initiativen setzen, dass es nicht zu dieser Einsamkeit kommt. Daher gilt es, zivilgesellschaftliche Aktivitäten zu fördern, Vereine zu fördern und dergleichen mehr. Ich halte das für sehr wichtig und ich sehe das auch bei meiner Mutter, dass die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eigentlich das Wichtigste ist, egal, ob das die Kartenrunde, der Ausflug oder Ähnliches ist. 

Viele in dieser Generation arbeiten über das Pensionsalter hinaus, viele kehren in der Pension auch wieder ins Arbeitsleben oder in nebenberufliche Tätigkeiten zurück. Dann erfahren sie bürokratische Hürden oder steuerliche Benachteiligungen. Ist es nicht notwendig, hier gegenzusteuern?

Drexler: Ich bin sehr dankbar für diesen Hinweis, weil wir dieses Thema auch in unser Wahlprogramm aufgenommen haben. Diesen Menschen gehören nicht Prügel in den Weg geworfen, sondern für diese Menschen gehören Anreize geschaffen! Deshalb bin ich absolut der Meinung, dass beispielsweise der Pensionsbeitrag dieser Gruppe auf null reduziert werden soll. Sie helfen ohnehin dem Pensionssystem dadurch, dass sie länger arbeiten, deshalb sollen sie nicht dadurch bestraft werden, dass sie auch noch einen Pensionsbeitrag zahlen. Hier bin ich für Anreize statt Hürden.

Nicht nur durch die Coronapandemie, aber auch wegen ihr ist bei vielen älteren Meschen der Eindruck entstanden, dass das Gesundheitssystem immer schlechter wird. Sie waren in der Landesregierung auch für die Gesundheit zuständig. Wie antworten Sie den Senioren, die das sagen?

Drexler: Gesundheitspolitik und Gesundheitsversorgung ist ein ganz besonderes Thema, wo ein ganz besonderer Sorgfaltsmaßstab gelten muss. Aus einem einfachen Grund: Wenn ich krank bin oder pflegebedürftig, ist das immer eine Ausnahmesituation. Da erwartet man sich, dass das Bestmögliche geleistet wird. Das ist ein sehr hoher Anspruch und wir müssen uns bemühen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Wir haben ein sehr gutes und sehr verlässliches Gesundheitssystem, aber es gibt Probleme. Denken wir an Wartezeiten auf geplante Operationen. Es sind die Wartezeiten auch bei Facharztterminen zu lang, das ist regional dann noch allenfalls verschärft. Ich bin deshalb sehr froh, dass unser Gesundheitslandesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl, der selbst Arzt ist und lange Zeit als Notarzt tätig war, sich genau dieser Themen intensiv annimmt: Wartezeiten verkürzen und die bestmögliche Versorgung der Steirerinnen und Steirer aufstellen. Ich werde selbst oft konfrontiert mit einzelnen Erfahrungen, die oft auch negative Erfahrungen sind: Glauben Sie mir, wir unternehmen alles, jeder einzelnen Negativerfahrung nachzugehen und hoffentlich unser System steig zu verbessern.

Ein Teil der negativen Erfahrungen vieler Menschen ist, sie kommen schneller zu einem OP-Termin, wenn sie in irgendeiner Form dazu zahlen. Das ist doch fatal, oder?

Drexler: Das ist ein fataler Eindruck und im öffentlichen Gesundheitssystem etwas, was es nicht geben darf. Wir haben natürlich auch Sanatorien und private Zusatzversicherungen und da möchte ich um Himmels willen nicht eingreifen, aber es muss sichergestellt sein, dass es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung für jede Steirerin und jeden Steirer gleich gute Versorgung gibt. 

Auch im Bereich der Pflege sind nicht nur durch Corona Zweifel entstanden, ob sie immer die bestmögliche Betreuung und Pflege erhalten. Was sagen Sie dazu?

Drexler: Ich möchte zuallererst sagen, dass wir in der Pflege Tausende Beschäftigte haben, die täglich ihr Bestes geben. Ich habe sehr viele Pflegeheime besucht, mit sehr vielen Beschäftigten geredet und mit sehr vielen Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen, und kann sagen, wir haben im Großen und Ganzen eine exzellente Qualität, sowohl in den Heimen als auch  bei den mobilen Diensten. Ich glaube, wir als Land Steiermark und als Gesellschaft sind es den pflegebedürftigen Menschen schuldig, die möglichst beste Qualität zu leisten und vorzuhalten. Ehrlich gesagt: Ich meine, da sind wir auf einem guten Weg. Was die Abdeckung mit Pflegeheimen betrifft haben wir eine der besten Situationen in ganz Österreich und ich glaube, dass wir das auch bei den mobilen Diensten schaffen. Wichtig ist, dass Menschen, solange sie wollen und können, in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Deswegen wollen wir in der kommenden Periode die mobilen Dienste nochmals attraktiver machen.

Wenn man lange zu Hause bleibt, braucht man dort die Angehörigen und von denen wissen wir, dass sie noch unverzichtbarer sind als die hervorragenden professionellen Pflegerinnen in den stationären Einrichtungen. Viele haben aber den Eindruck, dass die pflegenden Angehörigen nicht genug Anerkennung erfahren. Wie sehen Sie das? Drexler: Was hier geschieht, ist völlig unverzichtbar und es macht ja auch unsere Gesellschaft aus, dass wir auf unsere Eltern schauen, wie die Eltern auf ihre Kinder geschaut haben. Insofern glaube ich, dass man den pflegenden Angehörigen die größtmögliche Anerkennung zollen soll und ich persönlich tue das auch. Ich kann mir vorstellen, dass wir in mehr als symbolischer Art als Gesellschaft etwas an diese Menschen zurückgeben sollen.

Ein großes Thema speziell auf dem Land ist die Mobilität, die eng mit dem Auto verbunden ist. Wir wissen aber, dass viele ältere Leute nicht mehr sehr sicher fahren. Ohne Auto wird der Radius ihrer Mobilität und ihre ganze Lebensqualität aber extrem eingeschränkt. Was muss die Politik tun?

Drexler: Das Land Steiermark kann Einiges tun. Zum einen, indem unser öffentlicher Verkehr besser wird, schneller wird, besser vertaktet wird und auch neue Zielorte aufnimmt. Aber es ist auch klar: Es gibt Orte, die werden nie an einem Gleis liegen. Ich glaube, gerade für ältere Menschen ohne Auto müssen wir die Sammeltaxis und den Mikro-ÖV (Mikro-Öffentlichen-Verkehr) stärken, damit es möglich ist, am Leben teilzuhaben, in die Bezirksstadt zu fahren, woanders hinzukommen, einzukaufen. Das hat gerade für die Älteren große Bedeutung und ich bin sehr froh, dass wir gerade beim Mikro-ÖV, gemeinsam mit meinem Regierungspartner Anton Lang, auf einem guten Weg sind.

Im Großraum Graz und in Teilen der Weststeiermark schätzen viele ältere Leute die Seniorencard mit ihren Angeboten und Vergünstigungen. Es gibt viele, die das auch in anderen Regionen haben wollen. Ist das realistisch?

Drexler: Wir müssen Ziele haben! Wenn das in diesen Gebieten gut angenommen wird und ein wirklich attraktives Angebot für die ältere Generation ist, muss man das überlegen. Die Frage ist immer, wie wir es finanzieren, aber ich kann mir das durchaus vorstellen.

Herr Landeshauptmann, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

ZUR PERSON:

Christopher Drexler (53) ist seit zwei Jahren Landeshauptmann der Steiermark und Obmann der steirischen ÖVP. Der studierte Jurist (Magister) verfolgt seit der Schulzeit eine lückenlose Parteikarriere. Als Geschäftsführer des „Modell Steiermark“ widmete er sich auch Zukunftsthemen. Drexler wurde mit 29 Jahren Landtagsabgeordneter und ist seit zehn Jahren Mitglied der steirischen Landesregierung, die stets aus Koalitionen von SPÖ und ÖVP gebildet wurde.

 

Beitrag veröffentlicht am 15.11.2024
Text: Johannes Kübeck
Fotos: Luef Light