Etliche Mythen kursieren um diesen Vitalstoff. Eine Ärztin klärt auf, was dran ist.
Die einen meinen, Vitamin D hilft gegen fast alles, die anderen halten das für Humbug. Wer hat Recht?
Internistin Priv.-Doz. Dr. Karin Amrein: „Die Wahrheit liegt in der ,goldenen Mitte’. Vitamin D spielt tatsächlich eine enorm wichtige Rolle für die Gesundheit, aber der individuelle Effekt wird oft überschätzt. Mit ein paar Tropfen kann man nicht jede starke Covid-Erkrankung verhindern, aber ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel ist eine wichtige Grundvoraussetzung, damit das Immunsystem gut funktioniert.“
Die Expertin betont aber, dass Vitamin D Atemwegsinfekte sehr wohl hintanhalten könne. „Diese Auswirkung ist zwar nur klein, aber gesamtgesellschaftlich gerade in dieser Pandemie extrem wichtig.“ Der vor Corona schützende Effekt wurde in einer Studie 2021 noch einmal bestätigt. „Aber der Vitalstoff kann keine schweren Verläufe verhindern und ersetzt keinesfalls die Impfung. Die positive Konsequenz macht sich nämlich erst bemerkbar, wenn man größere Personenkreise betrachtet. Aus dieser Perspektive wäre es wünschenswert, wenn alle einen guten Vitamin-D-Status hätten!“
Auch für Muskelfunktionen und Knochenaufbau ist der Stoff unverzichtbar. Typische Mangelerscheinung bei Kindern stellt Rachitis, die „verbogene Knochen-Krankheit“, dar. Diese wäre vermeidbar, leider gibt es sie immer noch – auch in Österreich.
Mängel lassen sich recht gut ausgleichen
Vitamin D ist kein klassisches Vitamin. „Erstens, weil es an einen Zellkern-Rezeptor andockt und dort sogar Einfluss auf menschliche Gene hat – wie ein Hormon. Zweitens, weil wir es mit genügend Sonnenlicht selbst herstellen können und ,echte’ Vitamine normalerweise von außen zugeführt werden müssen“, erläutert Dr. Amrein. „Dennoch zeigen Studien, dass in Europa 40 Prozent der Gesamtbevölkerung einen Mangel aufweisen. Heute leben wir fast nur noch in Innenräumen und wenn wir in die Sonne gehen, halten wir die UV-Strahlung oft mit Sonnencreme ab.“
In Mitteleuropa reicht es im Frühling, Sommer und Herbst vollkommen aus, sich täglich zehn bis 15 Minuten in der Sonne aufzuhalten. Dabei Gesicht und Arme ohne Sonnencreme der UV-Strahlung aussetzen! „In der Winterzeit wird es hingegen schwierig, weil es einfach zu dunkel ist. Um diese Zeitspanne zu überbrücken, reicht auch ein gut gefüllter Vitamin-D-Speicher kaum aus.
Es ist daher oft sinnvoll, im Winterquartal oder sogar -halbjahr ergänzend etwas einzunehmen“, so Dr. Amrein. „Wenn jemand im Großen und Ganzen fit ist und einen leichten Mangel aufweist, dann reicht eine niedrige Dosierung in Kombination mit regelmäßiger Bewegung bei Tageslicht, um die Speicher wieder aufzufüllen. Man könnte auch am Anfang kurzzeitig etwas höher dosieren und später zu einer niedrigeren Erhaltungsdosis übergehen. Wichtig ist hier vor allem, auf die Produktqualität und -herkunft zu achten und die Anleitung zu befolgen. Prinzipiell gilt: Weniger ist mehr und regelmäßige Zufuhr ist am besten.“