„Ich halte das nicht mehr aus!“

Dr. Michaela Wlattnig, PatientInnen- und Pflegeombudsfrau, warnt vor verhängnisvollen Folgen durch Corona für BewohnerInnen der Pflegeheime. Sie sprach mit Abenteuer Alter im Rahmen der Serie „Wo drückt der Schuh in den Pflegeheimen?“

Aus der Sicht der Bewohnerinnen der Pflegeeinrichtungen hat diese Pandemie eine große Resignation ausgelöst. Das Hauptproblem ist die Vereinsamung. Das bekommen mein Team und ich bei vielen Kontakten zu spüren. Ich habe heuer rund 90 Sprechtagen in Pflegeheimen abgehalten und bekomme regelmäßig solche Sätze zu hören: „Wir leben wie im Gefängnis“. „Ich halte das nicht mehr aus“.

Im ersten Lockdown gab es in den Heimen nicht nur das weitgehende Besuchsverbot für Angehörige. Es konnten auch die Therapeuten und andere Gesundheitsdienste nicht mehr kommen. Das führte zur massiven Verschlechterung der Gesundheit dieser Menschen. Ich habe auch gehört, dass teilweise keine Priester mehr für Gottesdienste gekommen sind.

Dr. Michaela Wlattnig

 

Es gibt auch positive Beispiele dort, wo die Heime ein gutes Besuchsmanagement eingeführt haben. Durch die Smartphones wissen die Menschen wenigstens, wie es den Angehörigen geht. Aber das ersetzt keine Berührung, keine Umarmung, keinen Händedruck.

Man muss bedenken, die Mitmenschen in den Pflegeheimen gehören zu der Generation, die gewohnt ist, das zu tun, was man ihnen sagt. Wenn die Besuche eingeschränkt werden oder wenn untersagt wird, das Heim zu verlassen, sagen sie: „Da kann man nichts machen.“ Dabei sind das Mitglieder unserer Gesellschaft, wie wir alle, sie sind nicht entrechtet! Die vier Gründe, seine Wohnung zu verlassen, gelten auch für sie.

 

21.12.2020
Bildquelle: Land Steiermark/Jesse Streibl; Shutterstock