Man muss selbst draufkommen

Ein Priester hört mit 80 mit dem Autofahren auf.

Sie haben nach 62 Jahren Ihr Auto zurückgegeben. Hat jemand gesagt, Sie fahren nicht mehr sicher?
Pater August Janisch: Nein, da muss man selbst draufkommen. Das Hören macht weniger Probleme, aber das Sehen. Ich habe ein Glaukom, also einen grünen Star, der sich seit Jahren angekündigt hat, Im Spätherbst bekam ich den Eindruck, dass es Zeit ist, dass ich mein Auto nicht mehr fahre.

War das Problem die Dunkelheit in der kalten Jahreszeit?
Nein, aber die tief stehende Sonne. Dieses Nebeneinander von Sonne und Schatten, da wäre es manchmal besser gewesen, dass ich stehen geblieben wäre.  Einmal bin ich auf der wirklich engen Straße durch Gratwein gefahren, sehr langsam – vielleicht nur 10 km/h – und hinten hat einer gehupt. Der hat vielleicht geglaubt, dass ich einschlafe. Aber Ich habe mich nur so unsicher gefühlt, dass ich nicht schneller gefahren bin. Ich muss ja sehen, wie breit die Straße ist, wo der Straßenrand genau ist und ob da vielleicht ein Radler unterwegs ist. Da habe ich mir gesagt, ich höre auf, bevor ich einen Fußgänger oder Radfahrer wirklich gefährde oder verletze. 

Was haben Sie konkret gemacht?
Ich bin zu meiner Augenärztin gegangen und habe ihr von meinem Entschluss erzählt und sie hat nur gesagt: Das ist eine gute Entscheidung.

Wie hat sich Ihr Leben verändert, nachdem Sie Jahrzehnte als Seelsorger darauf angewiesen waren, mit dem Auto zu fahren?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich in einer Gemeinschaft lebe. Die Mitbrüder in Stift Rein helfen, wenn ich eine Autogelegenheit brauche, um eine Messe zu lesen, zum Arzt muss oder wenn ich Einkäufe erledigen muss. Das ist sicher schwieriger für die vielen älteren Menschen, die allein leben oder für ein Ehepaar, wo beiden Partner schon betagt sind. Da gibt es oft diese Nachbarschaft nicht, die ich habe. Da gibt es Fälle, dass die Leute nicht mehr gehen können und auch kein Auto mehr haben und nicht immer betteln möchten, ob jemand Zeit für sie hat, um sie irgendwohin zu bringen. 

Es gibt aber den öffentlichen Verkehr, oder?
Ich weiß nicht, ob ich noch mit den Öffis fahre. Ich kann natürlich ohne Probleme in den Bus steigen und am Grazer Hauptbahnhof finde ich auch den Bahnsteig der Straßenbahn. Aber ich sehe nicht mehr, welche Tram da kommt. Ich bin also seither noch nie mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gefahren.

Text von Johannes Kübeck
Bild von Luef Light
Beitrag veröffentlicht am 10.08.2023