Brigitte Long ist Best-Ager-Model. Abenteuer Alter erzählt sie, warum sie es langweilig findet, nur schön zu sein und dass alt und Ältersein für sie zwei paar Schuhe sind.
Abenteuer Alter: Finden Sie sich schön?
Long: Ich empfinde mich eigentlich nicht als schön. Ich denke, die innere Schönheit ist mehr das, was zählt. Von der Physiognomie gibt es sicher hübschere Menschen. Ich bin halt auch sehr fotogen und das hat wohl mit meiner Ausstrahlung vor der Kamera zu tun. Ich liebe die Kamera.
Auch früher war mir gar nicht bewusst, wenn mir Männer hinter herschauten, erst als mich mal jemand darauf hinwies, fiel es mir auf.
Vielleicht macht ja das Ihre Natürlichkeit aus, weil Sie nicht darauf aus sind, zu gefallen?
Long: Möglicherweise, ja.
In welchen Bereichen sind Sie tätig?
Long: Ich bin mit meinen 1,70 Meter ein eher kleines Model. Obwohl ich gut Shows laufen kann und auch für Fashion arbeiten kann, habe ich zwischen 30 und 40 Jahren entdeckt, dass ich in der Werbung gut ankomme.
Sie haben eine Topfigur. Wie oft in der Woche gehen Sie ins Fitnessstudio?
Long: Ich sollte viel öfter gehen. Beim Essen achte ich jedoch darauf, was ich zu mir nehme. Ich esse aber reichlich! Nur eben bewusster, beispielsweise Dinkelmehl statt Weizenmehl und auch möglichst wenig Zucker. Fällt mir nicht leicht, da ich gerne Süßes esse.
Gab es Situationen, in denen Sie feststellten, dass Schönheit im Leben nicht alles ist?
Long: Nachdem ich bereits 60 bin, habe ich das in meinem bisherigen Leben schon öfter festgestellt. Abgesehen davon finde ich es langweilig, auch gerade als ältere Frau nur schön zu sein. Wenn sich nur alles darum dreht, stößt das bald an seine Grenzen. Natürlich achte ich auf mein Äußeres, dass ich gepflegt bin und gut aussehe, gerade beim Älterwerden. Aber ich mache kein Tobuwabohu darum, das ist mir zu aufwendig. Darum habe ich mir vor ein paar Jahren auch die Haare schneiden lassen (lacht). Das war immer ein Riesenaufwand und hat mich zuviel Zeit gekostet.
Lange Haare sind ja für viele Frauen ein wichtiger Ausdruck ihrer Weiblichkeit …
Long: Mir bedeuten innere Werte mehr als Äußerlichkeiten, auch bei mir selbst. Es ist mir wichtig, mich weiterzuentwickeln, ein noch besserer Mensch zu werden. Aber auch andere zu unterstützen, dass sie sich weiterentwickeln können.
Sie gelten als „Best Ager“-Model. Das hört sich so positiv an. Passt das Ihrer Meinung nach zu dem Bild, wie ältere Menschen in der Gesellschaft gesehen und dargestellt werden?
Long: Ja, es ist ein positiver Begriff, auf der anderen Seite stehen viele ältere Leute auf dem Abstellgleis, auch wenn die Gesellschaft schon daran arbeitet, dass sich das ändert. Ich persönlich bekomme in der Regel gutes Feedback, man kommt mir mit mehr Respekt entgegen als früher, gerade in der Branche.
Finden Sie, dass ältere Menschen in der Gesellschaft sichtbarer werden?
Long: Auf jeden Fall wird das Thema mehr beachtet und mehr darüber geschrieben. Und es wird stärker versucht, ältere Menschen zu integrieren. Wobei ich mich noch lange nicht als Seniorin sehe. Ich bin auch keine Freundin von Seniorentreffs oder so. Ich finde es eher doof, wenn man alles am Alter aufhängt. Man muss sich gut verstehen, da ist das Alter irrelevant.
Spüren Sie manchmal Neid gegenüber jungen Models?
Long: Nein! Ich bin so froh, dass ich bin, wie ich bin und das Leben habe, das ich lebe! Ob da ein paar Fältchen mehr oder weniger sind: Die Leute, die mich mögen, achten da eh nicht drauf und finden mich noch ganz toll!
Wie stehen Sie zu Schönheits-Operationen?
Long: Eher distanziert, vor allem wenn es sich um Frauen handelt, die sich schon ab 40 Jahren regelmäßig operieren lassen. Das sieht meist maskenhaft aus. Ich persönlich finde es schöner, wenn jemand Leben im Gesicht hat. Selbst kommen Eingriffe für mich eher nicht infrage – wenn ich mal älter bin, vielleicht minimal, wenn mich etwas sehr stören würde. Aber eher nicht.
Wie lange wollen Sie Ihren Job noch machen?
Long: So lange es geht, ich habe noch viele Pläne! Ich möchte auch mehr in den Filmbereich und dort Charakterrollen spielen, da ich mich gut in Rollen hineinversetzen kann und eben auch mehr ein Charakter bin.
Welche Frau in der Filmbranche finden Sie schön?
Long: Obwohl Iris Berben bei ihrer Schönheit wohl etwas nachhelfen hat lassen, finde ich sie toll. Sie macht ihre Arbeit und hat ihre Rollen. Sie fällt für mich vor allem nicht in das Muster einer alten Frau, auch wenn sie fast 70 Jahre ist. Ich finde, man muss unterscheiden, ob jemand von den Jahren her älter ist oder ob jemand alt ist.
Was war Ihr letzter großer Job?
Long: Ich war bei einem größeren Werbespot für die USA und Kanada im Einsatz. Für ein kalifornisches Produkt gab es vor einigen Jahren eine große Plakatwerbung. International zu arbeiten ist für mich wichtig.
Beschreiben Sie das Gefühl, wenn man sich selbst auf einem Plakat sieht.
Long: Haha, da gibt es eine lustige Geschichte. Ich saß in der S-Bahn und sah ein großes Plakat. Ich dachte mir noch: Die kenn ich doch von irgendwo her. Bis es mir kam, dass „ich“ das ja bin!